Kaum ein Unternehmen wird ohne Citizen Developer auskommen

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Jeder kann sich lebhaft vorstellen, welche Folgen es hätte, würde eine Software-Firma keine Software mehr entwickeln: Ausbleibende Releases, keine neuen Produkt-Launches, Kunden, die zu Wettbewerbern überlaufen, wegfallende Umsätze und schliesslich der Verlust von Relevanz auf dem Markt. Doch kann dieselbe Gleichung auch für Unternehmen gelten, deren Kern-Geschäft nicht die Software-Entwicklung ist? Die Antwort lautet ja.

Software-Entwicklung ist schon heute industrieübergreifende Kerndisziplin

Unabhängig von ihrem Geschäftsmodell sind Unternehmen heute darauf angewiesen effizient zu arbeiten, ein ausgezeichnetes Kundenerlebnis zu bieten und ihre Produkte und Services ständig auf sich ändernde Marktbedingungen anzupassen. Ohne die intensive Einbindung der IT-Abteilung sind diese Herausforderungen heute nicht mehr zu meistern. Das betrifft interne Prozesse, beispielsweise wenn Anwendungen die Datenflüsse zwischen verschiedenen Abteilungen oder Systemen ermöglichen, aber auch externe kundenfokussierte Zwecke, etwa wenn es um das Austesten neuer Geschäftsideen oder Anwendungen für Kundenprojekte geht. Software-Entwicklung ist damit bereits heute eine industrie-übergreifende Kerndisziplin.

Hohe Workloads in der IT können kaum mehr bewältigt werden

Für Unternehmen ist es daher entscheidend, dass ihre IT den hohen, ständig wachsenden Bedarf an Software-Entwicklung bewältigen kann. Doch diese stellt viele Unternehmen heutzutage vor grosse Probleme. In der Vergangenheit wurde Software-Entwicklung aus diversen Gründen häufig nicht durch die interne IT erbracht, sondern extern an Partner vergeben. Noch vorhandenes Know-How ging so über die Jahre verloren und neues Know-How wurde intern nicht aufgebaut. Das Resultat ist, dass trotz der vielfach vorhandenen Erkenntnis, dass Software-Entwicklung zu einer Kernkompetenz werden muss, weiterhin auf externe Partner zurückgegriffen werden muss. Aber auch hier können sich Engpässe und Probleme ergeben, wenn Partnerunternehmen ausgelastet sind, kleine Projekte nicht annehmen oder nicht die notwendige Expertise im Markt des Auftraggebers besitzen. In der Konsequenz geht wichtige Zeit verloren während innovative Ideen und lang geplante Massnahmen „on hold“ bleiben. Das Ergebnis: Weniger Effizienz innerhalb des Unternehmen, weniger Innovation und Erfolg auf dem Markt.

Zahlen bestätigen, was die Praxis schon lange zeigt: Ein neues Konzept zur Software-Entwicklung muss her

Diese Problematik kenne ich von unseren Kunden. Die Kunden selbst sind sich oft der Stellschrauben bewusst, die sie drehen müssten, um effizienter zu arbeiten, wissen, welche digitalen Produkte oder Services derzeit gefragt sind. Doch aufgrund von mangelnden IT-Fachkräften und Budgetrestriktionen sind Digitalisierungsprojekte oft nicht umsetzbar, schnelle Software-Entwicklung nicht möglich. Aktuelle Studien und Umfragen untermauern die Problematik: In einem kürzlich im Economist veröffentlichten Beitrag heisst es, nur etwa einer unter 125 Erwerbstätigen beherrsche Programmiersprachen. Ergebnis ist, laut der Autoren des Artikels, ein Defizit von 1,4 Millionen Programmierern – Tendenz steigend. McKinsey zeigt die Konsequenzen davon auf: Unternehmen bräuchten oftmals Monate, um Produkte oder Services zu launchen und Führungskräfte hätten Probleme damit, neue Geschäftsideen zur Marktreife auszubauen. Wie also schaffen es Unternehmen, Ihre Software-Entwicklung zu beschleunigen und gleichzeitig die IT zu entlasten?

Citizen Development sorgt für schnelle Software-Entwicklung und eine Demokratisierung des Codes

Was wäre, wenn nicht mehr nur eine begrenzte Fachelite, sondern alle Arbeitnehmer Software entwickeln könnten? Das titelt der Economist in dem zitierten Beitrag „What if all workers wrote software, not just the geek elite?“ Die strenge Gleichung zwischen verfügbaren Entwicklern und Geschäftserfolg im Hinblick auf Effizienz und Innovationsmanagement hätte dann nur noch begrenzt Gültigkeit. Der Trend des Citizen Developer macht schnelle Software-Entwicklung und eine Demokratisierung des Codes nun tatsächlich möglich – zumindest teilweise. In meiner vorangegangenen Beschäftigung bei Pivotal begegnete ich dem Begriff Citizen Development zum ersten Mal. Für uns war ganz klar, dass die Unternehmen in Zukunft wieder verstärkt Kompetenz im Bereich der Software-Entwicklung aufbauen müssen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. In meiner jetzigen Positionen bei Mimacom setze ich mich wieder mit Citizen Development auseinander, vor allem, wenn es um die Zusammenarbeit mit unserem Technologiepartner und Anbieter einer Low-Code Entwicklungs-Plattform geht.

Das Konzept von Citizen Development ist denkbar einfach: Auf sogenannten Low-Code oder No-Code Plattformen (LC/NC) können IT-affine Personen ohne oder mit nur geringen Programmierkenntnissen selbst Software entwickeln. Via Drag-and-Drop-Tools setzen sogenannte Citizen Developer Bausteine aneinander, um eine Low-Code oder No-Code Anwendung zu erstellen. Im Hintergrund werden die Elemente in Software übersetzt. Damit stellt Citizen Development, d.h. die Entwicklung von Software durch einen IT-affinen Mitarbeiter der Fachabteilung, eine neue Variable in unserer Gleichung dar. Es eröffnet Unternehmen neue Möglichkeiten, Ideen der Fachabteilungen schnell in Software umzusetzen und zu verproben. Unternehmen aus der Manufacturing-Branche beispielsweise können so neue Maschinen schneller testen und ihre Prozesseffizienz steigern. Banken können durch neue digitale Services das Kundenerlebnis verbessern oder Versicherungen im Handumdrehen Customer-Self-Service-Portale bereitstellen.

Citizen Development als gemeinsame Sprache von Business und IT

Low-Code oder No-Code Entwicklung ist für mich so viel wie eine gemeinsame Sprache zwischen Business und IT. Und das ist zentral, wenn es um die Erstellung von Anwendungen geht, wie ich selbst oft merke. Wenn ich als Business-Entscheider eine neue Geschäftsidee mittels eines MVP (minimal viable product) testen möchte oder als Team Lead einen Prozess modellieren will mit dem meine Mitarbeiter effizienter arbeiten können, muss ich nicht auf unsere IT-Kollegen warten und wertvolle Zeit verlieren. Ich kann als Citizen Developer direkt selbst loslegen und die Anwendung nach erfolgreichen Tests von unseren Spezialisten überarbeiten oder nachbauen lassen. Das beschleunigt die Software-Entwicklung immens und entlastet die IT. Wir können so sicher gehen, dass IT-Ressourcen nicht in Projekte fliessen, die letztendlich gar nicht den nötigen Mehrwert bieten, sondern zuvor bereits getestet sind. Insgesamt sind wir durch Citizen Developer im Business viel agiler und gewinnen an Geschwindigkeit.

Vorteile der Citizen Developer: Mehr Output, weniger Code

Aus dem Konzept des Citizen Developer ergeben sich daher zahlreiche Vorteile:

  • Schnelle Entwicklung: Auf Low Code / No Code Plattformen können Sie als Business-Fachkraft Anwendungen schnell modellieren und so früher Ideen testen, Prozesse optimieren und Produkte auf den Markt bringen. So gewinnen Sie einen zeitlichen Vorteil.

  • Einfach umzusetzen: Low Code / No Code Plattformen bieten eine benutzerfreundliche Oberfläche, um die Software-Entwicklung deutlich zu vereinfachen. Anstelle von IT-Fachkräften können Sie als Citizen Developer die Anwendungen ohne tiefe IT-Kenntnis entwickeln.

  • Marktspezifische Lösungen: Die Citizen Developer in Ihren Fachabteilungen kennen Ihre marktspezifischen Anforderungen und können Lösungen erstellen, die diese Anforderungen optimal bedienen. Lange Abstimmungszyklen zwischen IT und Fachabteilung, um sicherzustellen, dass die IT die Business-Anforderungen versteht, fallen weg.

  • Mehr Planungssicherheit, weniger Risiko: Oftmals wird viel Geld in grosse Softwareprojekte gesteckt. Wenn der erwartete Nutzen ausbleibt oder kleiner ausfällt ist die Enttäuschung gross. Nachbesserungen sind dann oft mit teurem Mehraufwand verbunden. Mit Citizen Development können innovative Ideen bereits früh und mit geringem Aufwand als MVP getestet werden. Ist das Feedback negativ, können erste Entscheidungen zum Stopp der Weiterentwicklung erfolgen bevor die ohnehin engen Ressourcen der IT in Anspruch genommen werden.

  • Mehr Innovationsgeist: Weniger Zeit- und Kostenrisiken senken die Hemmschwelle innovative Ideen „zu verproben“ und fördern mehr Innovationsgeist im Unternehmen.

Besteht die Zukunft des Programmierens darin, nicht mehr zu programmieren?

Dass die Zukunft des Programmierens darin bestehe, gar nicht mehr zu programmieren, hat vor einigen Jahren einer der Mitbegründer von GitHub prophezeit und ich schliesse mich da insoweit an, dass das Programmieren ohne zu Programmieren in Zukunft sehr viel mehr an Bedeutung gewinnen wird. Doch nicht ausschliesslich: Natürlich benötigen Unternehmen auch in Zukunft IT-Experten mit tiefen Programmierkenntnissen für die Entwicklung komplexer Software. Ich sehe die von Citizen Developern entwickelten Anwendungen eher als erste Iterationsstufe, die in vielen Fällen später durch die IT „perfektioniert“ werden müssen. Ich bin kein Verfechter der Idee, dass wir gar keine Programmierer mehr brauchen, aber den Gedanken, durch Citizen Development für mehr Schnelligkeit und Agilität in der Fachabteilung zu sorgen, finde ich interessant.

Aus meiner Erfahrung und aus dem Austausch mit unseren Kunden und Partnern kann ich sagen, dass in Zukunft wohl kaum ein Unternehmen umhin kommen wird, sich intensiv mit dem Konzept von Citizen Development zu beschäftigen wenn es wettbewerbsfähig bleiben will, auch wenn es Herausforderungen mit sich bringt. Dem zunehmende Mangel an Programmierern können die Unternehmen nur begegnen, wenn sie die Entwickler-Potenziale der Fachabteilungen besser nutzen. Der Ansatz der Citizen Developer bietet hier eine konkrete Hilfestellung.

CSO Germany

Oliver Welte

Oliver ist der CSO von Mimacom Deutschland mit Sitz in Stuttgart, Deutschland. Er treibt unseren Vertrieb voran und entwickelt unser digitales Angebot weiter, wobei er stets darauf abzielt, die besten Ergebnisse für unsere Kunden zu herauszuholen.